Berlin, 31. August 2017
Radikaler Vertrauensverlust in die etablierten
Parteien und gesellschaftlichen Institutionen gehört für
langzeitarbeitslose Menschen zu den wichtigsten Gründen, nicht zur Wahl zu
gehen. Dazu kommen einer aktuellen Untersuchung
zufolge das Gefühl der Ausgrenzung, des Abgehängtseins und massiver
sozialer Ungerechtigkeit. Die Studie "Gib mir etwas, was ich wählen
kann" fragt nach den Motiven des Nichtwählens und wurde von der Denkfabrik - Forum für Menschen
am Rande, dem Evangelischen Fachverband für Arbeit und soziale Integration
sowie der Initiative pro Arbeit initiiert.
"Es ist in höchstem Grade alarmierend, wenn sich
wichtige Gruppen aus den demokratischen Prozessen verabschieden", sagt
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.
"Wer ständig das Gefühl hat, dass sich die Politik
nicht für ihn und seine Lebenswelt interessiert, fühlt sich im Stich gelassen. Er verliert den Glauben an
den Sinn und die Regeln der Demokratie", sagt Lilie. Das Nicht-Wählen sei
eine Botschaft an die Gesellschaft, diese Menschen wahr- und auch ernst zu
nehmen.
"Wir müssen uns aktiv um diese Menschen bemühen.
Dazu brauchen wir Politiker, die das Gespräch mit den Menschen suchen, damit
diese das Gefühl haben, dazu zugehören und angehört zu werden", betont
Lilie: "Das Feld dürfen wir nicht den Radikalisierern und Vereinfachern
überlassen, die gerade in unsere Parlamente einrücken."
Für die Untersuchung wurden 66 Interviews mit
langzeitarbeitslosen Nichtwählern im ganzen Bundesgebiet geführt. Die
Interviewer waren ehemals oder aktuelle Langzeitarbeitslose. Auf Augenhöhe fiel
es den Interviewten leichter, offen über ihre Erfahrungen zu sprechen. Der
Titel der Studie ist ein Zitat aus einem Interview mit einem 50-jährigen
Langzeitarbeitslosen: Als Nicht-Wähler hätte er schon eine Meinung, es werde
nur so ausgelegt. Er würde auch wählen, wenn es tatsächlich etwas zu wählen
gäbe.
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