Donnerstag, 24. Februar 2011

FDP: Argumente zur Hartz IV-Neuregelung


von FDP, Donnerstag, 24. Februar 2011 um 13:29
Frage: Wird der Hartz IV-Satz erhöht?

Antwort: Auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 des Statistischen Bundesamtes wurden die Regelsätze für Erwachsene zum ersten Mal transparent und nachvollziehbar berechnet und nicht mehr "ins Blaue hinein geschätzt", wie noch vom Bundesverfassungsgericht gerügt. Der neue Regelsatz wurde auf 364 Euro festgesetzt, was einen Anstieg um fünf Euro bedeutet. Die Erhöhung des Regelsatzes auf 364 Euro monatlich wird rückwirkend zum 01.01.2011 ausgezahlt.

Für die FDP-Bundestagsfraktion war entscheidend, dass es keine willkürliche Erhöhung gibt, da dies den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht entsprochen hätte. Die Festsetzung des Regelsatzes auf der Grundlage der EVS ist verfassungsfest.

Neben dem Regelsatz werden die Kosten für Unterkunft, also Miete und Heizung, nach wie vor extra übernommen (im Durchschnitt 370 Euro).

Frage: Wieso gibt es 2012 eine weitere Erhöhung?

Antwort: Ab Januar 2012 wird der Regelsatz um weitere drei Euro erhöht. Diese Sonderanpassung wird sich, wie von Anfang an vorgesehen, nach der Preis- und Lohnentwicklung 2010 und 2011 richten. Damit wird bspw. Die Inflation ausgeglichen.

Da die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nur alle 5 Jahre erhoben wird, bedarf es eines Anpassungsmechanismus für die dazwischen liegenden Jahre. Rot-Grün hatte die Anpassung entsprechend der Rentenentwicklung vorgesehen. 
Dies hatte das Bundesverfassungsgericht als „sachwidrigen Maßstabswechsel“ beurteilt. Nun findet die Anpassung erst einmal jährlich durch einen Mischindex aus 70 Prozent Preisentwicklung und 30 Prozent Entwicklung der Nettolöhne statt. 
Dies ist sachgerechter, weil damit das Existenzminimum nicht durch rentendämpfende Faktoren wie Riester- oder Nachhaltigkeitsfaktor bestimmt wird, sondern sich nach den für die Ermittlung des Regelsatzes maßgeblichen Grundlagen richtet.

Frage: Warum wurde eine Neuregelung der Hartz IV-Sätze notwendig?

Antwort: Die Neuregelung des Hartz IV-Systems musste vorgenommen werden, da das Bundesverfassungsgericht am 9. Februar 2010 die Berechnungsmethode der Regelsätze für Langzeitarbeitslose und Kinder für verfassungswidrig erklärt hat. Bei der Einführung von Hartz IV durch SPD und Grüne wurden eklatante Fehler begangen, welche nun behoben werden mussten.

Frage: Wie wurde der Hartz IV-Satz errechnet?

Antwort: Grundlage der Neuberechnung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 des Statistischen Bundesamtes. Dafür wurden über drei Monate lang mehr als 55.000 Haushalte befragt und die Kosten für ca. 230 Einzelposten dokumentiert. 
Als Referenzgruppe wurde das unterste Einkommensfünftel in den Blick genommen. Damit keine Zirkelschlüsse auftreten, wurden alle Haushalte heraus gerechnet, die ausschließlich von staatlichen Transferleistungen leben.

Erfolgreich konnten die FDP-Bundestagsfraktion in den Verhandlungen mit der SPD weitere  Leistungen für Sonderbedarfe bei der sogenannten „weißen Ware“ (elektrische Haushaltsgeräte wie bspw. Kühlschränke) vermeiden. Dies hätte ansonsten einen unkalkulierbaren "Nebenregelsatz" verursacht.

Frage: Was ist in den Regelsätzen enthalten - und was nicht?

Antwort: Die Regelsätze sollen das Existenzminimum abdecken, dazu gehören aus Sicht der Koalition nicht die Kosten für alkoholische Getränke, Tabakwaren und Schnittblumen, die bisher enthalten waren. 
Neu hinzugekommen sind allerdings die Kosten für das Downloaden von Software aus dem Internet und die Praxisgebühr. 
Erhöht wurden auch die Sätze für alkoholfreie Getränke und den ÖPNV. 
Die Kritik, einige Posten aus der Regelleistung würden für die realen Kosten nicht ausreichen, muss zurückgewiesen werden. Der neue Regelsatz beruht auf den tatsächlichen Ausgaben, die laut der Studie des Statistischen Bundesamtes durchschnittlich getätigt werden.

Frage: Wie wurde der Grundbedarf bei Kindern und Jugendlichen ermittelt?

Antwort: Zum ersten Mal wurde der Grundbedarf für Kinder und Jugendliche eigenständig erfasst und nicht vom Erwachsenensatz abgeleitet, so wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert. 
Die Regelsätze für Kinder hätten nach der Berechnung des Statistischen Bundesamtes eigentlich gekürzt werden müssen, was die Koalition jedoch ablehnt. So bleibt es bei den bisherigen Regelsätzen (Kinder bis 6 Jahren erhalten 215 Euro, Kinder zwischen 6 und 14 Jahren 251 Euro und Kinder ab 14 Jahren 287 Euro).

Frage: Was wurde beim Bildungspaket erreicht?

Antwort: Besonders viel Wert hat die FDP-Bundestagsfraktion auf die Bildungsförderung gelegt. Die Koalition hat nun zusammen mit der SPD beschlossen für die ca. 2,5 Millionen Kinder von Geringverdienern, Hartz IV- und Wohngeldempfängern pro Jahr insgesamt ca. 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. 
Dieses Bildungspaket ist am Ende noch einmal aufgestockt worden: Zu den bereits vorgesehenen über 700 Millionen Euro sind für die nächsten drei Jahre noch einmal ca. 400 Millionen Euro hinzugekommen. Davon sollen die Kommunen Schulsozialarbeiter und Mittagessen in den Kitas bezahlen.

Diese Summe kommt zum Kinderregelsatz hinzu und wir korrigieren damit einen Fehler der alten rot-grünen Regelung. Erstmals haben Kinder einen Anspruch auf Lernförderung und können am Musikunterricht teilnehmen oder in Vereine eintreten. So werden die Bildungschancen für ALG II-Familien, aber auch von Familien mit geringem Einkommen, verbessert und den Kindern die Möglichkeit zur Entwicklung ihrer individuellen Fähigkeiten eröffnet.

Frage: Was ist mit Equal Pay von Zeit- und Leiharbeitern?

Antwort: Bei Equal Pay (also der gleichen Bezahlung von Zeit- und Stammbelegschaft) hat man sich darauf einigen können, den Tarifparteien ihre Gestaltungsfreiheit zu lassen. 
Die FDP-Bundestagsfraktion wollte stets die Zeitarbeit erhalten, um insbesondere für Langzeitarbeitslosen weiter mehr Chancen für einen Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erhalten. Die Vorschläge der Opposition hätten dies nicht gewährleistet. 

Das Thema Equal Pay wurde daher zurück an die Tarifpartner gegeben. Dies ist für uns ein entscheidender Punkt, weil wir starke Tarifparteien wollen.

Frage: Was hat der Bund den Ländern und Kommunen angeboten?

Antwort: Der Bund übernimmt schrittweise die Grundsicherung im Alter. Ab 2014 trägt der Bund hierfür dann die vollen Kosten, die aktuell mit rund 4 Milliarden Euro zu Buche schlagen, in den kommenden Jahren aber noch ansteigen werden. Bei der Grundsicherung handelt es sich um die Sozialhilfe für Menschen über 65. Die Kosten werden schon aufgrund der demographischen Entwicklung in den nächsten Jahren steigen.

Frage: Gibt es einen Mindestlohn?

Antwort: Nein, einen generellen Mindestlohn wird es nicht geben. Lediglich für die Wach- und Sicherheitsbranche sowie die Aus- und Weiterbildungsbranche können Mindestlöhne auf den Weg gebracht werden. Voraussetzung ist, dass die üblichen Verfahrensvoraussetzungen vorliegen, also die beiden Tarifparteien dies mit einem eindeutigen Votum wollen. Der Gesetzgeber ist nicht gefordert, denn die beiden Branchen waren schon von der großen Koalition ins Entsendegesetz aufgenommen worden. Die FDP bleibt dabei, dass weitere Branchen nicht in dieses Gesetz aufgenommen werden.

Frage: Was wurde bei der Zeitarbeit beschlossen?

Antwort: In der Zeitarbeit kann eine Lohnuntergrenze eingerichtet werden, bis zu der die Löhne von Zeitarbeitnehmern von denen der Stammbelegschaft abweichen dürfen. Damit muss auch ausländischen Zeitarbeitnehmern das unterste deutsche Tarifentgelt gezahlt werden. 
Dies ist ab Mai 2011 von Bedeutung, wenn die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Ost- und Mitteleuropäischen EU-Mitgliedsstaaten gilt. Weitere Maßnahmen, vor allem zur gleichen Bezahlung von Zeitarbeitnehmern und Mitarbeitern der Stammbelegschaft, sollen von den Tarifparteien in der diesjährigen Tarifrunde ergriffen werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen